Erwin Farkas, jüdischer KZ-Überlebender aus Ungarn, 1946 vor diesem Wasserturm
Stan Janowski, ehemaliger polnischer Zwangsarbeiter im Kloster Indersdorf 1945 – 46
70 Jahre später erinnert sich Stan Janowski, wie ausgehungert die Jugendlichen bei ihrer Ankunft waren, dass sie sogar die heißen Pfannekuchen vom Tisch rissen und auf ihren Beinen unter dem Tisch versteckten, um sie von dort aus zu verschlingen. Nach ihren Erfahrungen in den Lagern mussten die Jugendlichen erst wieder Vertrauen gewinnen, dass sie fortan täglich ausreichend Nahrung erhalten würden.
UN-Mitarbeiterin Greta Fischer in einem Interview von 1985 über ihre Prioritäten im Kloster Indersdorf:
UN-Sozialarbeiterin Greta Fischer
“Das erste war, ihnen etwas zum Essen zu geben, viel Nahrung; ihnen Kleidung zu geben und ihnen zuzuhören. Wir hörten ihren Geschichten Tag und Nacht zu. Es musste herauskommen. Und manchmal saßen wir stundenlang da und hörten ihnen zu. Man konnte nicht unterbrechen. Wir haben ihre Geschichten gewissenhaft aufgeschrieben. Alle hatten schreckliche Geschichten zu erzählen, von ihren eigenen Leiden, der Trennung von ihren Eltern und jüngeren Geschwistern.”
UN-Sozialarbeiter André Marx (rechts) mit polnischen Überlebenden, Stan Janowski (links)
Die polnischen Überlebenden hatten seit September 1939, also mehr als fünf Jahre Verfolgung, Ghettos und KZs hinter sich. Danach wollten und mussten sie versuchen, mit ihren verstörenden Erfahrungen aus den Konzentrations- oder Zwangsarbeitslagern irgendwie umzugehen, um einen Weg zurück ins Leben zu finden. Den UN-Mitarbeitern war es wichtig, interessiert und mitfühlend zuzuhören, wenn die Überlebenden von ihren Erfahrungen und Sorgen sprachen.
Stan Janowski: „Dort konnte man auch gut Mädchen treffen, die man mochte. Der erste Kuss … Ja, das war eine gute Zeit für mich und für die anderen – ganz sicher!“
Gruppe der polnischen Pfadfinder vor dem Wasserturm
70 Jahre später tauschen Stan Janowski und die Geschwister Zofia Ogłaza und Janusz Karpuk Erinnerungen aus.
Stan Janowski (links) mit den Geschwistern Karpuk
Die Drei berichten Indersdorfer Schülern von ihren Erfahrungen als Zwangsarbeiter in Deutschland und wie es in ihrem Leben weiterging.
Stan, Zofia und Janusz beim Zeitzeugengespräch in Indersdorf
Greta Fischer: „Jene, die überlebten, waren außerordentlich starke Menschen. Ihr Überlebenswille hatte alles andere ausgeschaltet, ihr Überlebenswille und ihr Feuer zum Leben. So haben sie alles durchgestanden.”
Jan Topolewski hat seine Eltern in den Konzentrationslagern verloren. Bis ins hohe Alter schmerzt es ihn, dass er als jugendlicher Häftling im berüchtigten KZ Mauthausen seinen Vater nicht hat retten können. Nach seiner Rückkehr nach Polen wurde er Lehrer und wirkte als Interessensvertreter der polnischen Überlebenden des KZ Mauthausen.
Eine von tausenden Warschauer Familien, die zerstört wurde:
Sohn Jan Wojciech Topolewski (geb. 1931) mit seinem Vater Jan (geb. 1890) und seiner Mutter Jadwiga (geb. 1894).
Die Familie wurde im August 1944 nach Auschwitz-Birkenau deportiert, wo die Mutter Jadwiga ermordet wurde, während Vater und Sohn im September 1944 in das Konzentrationslager Mauthausen (Außenlager Gusen) transportiert wurden. Der Vater starb dort nach seiner Befreiung im Mai 1945 an den Folgen seiner KZ-Haft. (Die Fotos der Eltern wurden vor dem Krieg aufgenommen, das Foto von Jan Wojciech im Oktober 1945 in Indersdorf.)
Stan Janowski mit Zofia Ogłaza und Jan Topolewski (rechts) in einer Ausstellung über das „Internationale Kinderzentrum Kloster Indersdorf“ in Warschau 2015.
Die UN-Mitarbeiterin Greta Fischer sagt über die Überlebenden später im Leben:
„Ich habe mit vielen gesprochen. Einige leiden immer noch unter Albträumen und ihren schrecklichen Erinnerungen. Einige wollen ihre Vergangenheit vergessen; einige wissen, dass sie die Vergangenheit nicht vergessen dürfen. Manche haben nie mit ihren Kindern darüber gesprochen. Viele der zweiten Generation hatten Probleme, da es Familiengeheimnisse gab, die sie kennen wollten. Doch die Eltern wollten ihre Kinder behüten und sie nicht mit der Vergangenheit belasten. Die Eltern meinten es gut, haben aber nicht verstanden, dass man sich an die Vergangenheit erinnern muss, dass die Vergangenheit Teil unserer Existenz ist.”
Seit 2011 ist eine Schule in Dachau nach Greta Fischer benannt. Hier und in Indersdorf haben die Überlebenden von ihren Erfahrungen berichtet, wie z.B. Witold Scibak, der Anführer der Indersdorfer Pfadfindergruppe.
Witold Scbak war als Schüler von den deutschen Besatzern auf der Straße aufgegriffen worden und hatte die Konzentrationslager Sachsenhausen, Bergen-Belsen und Dachau überlebt.
Als Zeitzeuge ist er immer wieder nach Deutschland zurückgekehrt…
Witold Scibaks Ausweis als Überlebender der Konzentrationslager Bergen-Belsen und Dachau